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Ratgeber zum Betäubungsmittelgesetz (BtMG):

Verstöße gegen Straftatbestände aus dem Bereich des BtMG werden von den Ermittlungsbehörden konsequent verfolgt. Die dafür im BtMG vorgesehenen Strafen sind sehr hoch. Deshalb ist es ratsam, frühzeitig einen Strafverteidiger zu konsultieren, wenn Ihnen ein Verstoß gegen das BtMG vorgeworfen wird.

Wann sollte ich einen Anwalt konsultieren?

Hier gilt das Credo „Je früher, desto besser“. Denn je schneller der Strafverteidiger von Ihnen mit der Wahrnehmung Ihrer Interessen beauftragt wird, desto frühzeitiger kann der Strafverteidiger durch bestimmte Maßnahmen Einfluss auf den Gang des Ermittlungsverfahrens bzw. das Hauptverfahren nehmen. Der Strafverteidiger kann etwa einschätzen, in welchen Fällen ein Geständnis empfehlenswert ist, ob und in welcher Weise Sie sich zum Sachverhalt einlassen sollen oder aber, ob gegen Sie zu Unrecht das Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde.

Sollte gegen Sie der Verdacht bestehen, gegen die Verbrechenstatbestände des BtMG (§§ 29a Abs. 1; 30 Abs.1 oder 30a Abs.1, Abs.2 BtMG) verstoßen zu haben, so ist Ihnen ein Pflichtverteidiger beizuordnen, s. § 140 Abs.1 Nr.2 StPO.

Was genau regelt das BtMG ?

Das Betäubungsmittelstrafrecht – als besonderer Teil des Strafrechts – regelt im BtMG unter anderem:

– welche Stoffe und Zubereitungen als Betäubungsmittel gelten (s. §§ 1 Abs.1, 2 Abs.1    in Verbindung mit Anlage I – III des BtMG),
– den Verkehr mit ihnen und
– sieht Sanktionen in Form von Bußgeld, Geldstrafe und Freiheitsstrafe (s. §§ 29 ff., 32    Abs.1, Abs.2 BtMG) bei bestimmten Verstößen vor.

Das BtMG regelt jedoch nicht den Umgang mit sämtlichen Drogen. So enthält das BtMG etwa keine Regelungen zu Tabak oder Alkohol. Daher stellt das BtMG auch kein allgemeines Drogengesetz dar. Trotz dieser Lücke ist Ziel des BtMG, unter anderem dem Missbrauch von Betäubungsmitteln entgegenzuwirken, in dem es unterschiedliche Handlungen im Zusammenhang mit Drogen und Arzneimittel unter Strafe stellt. Das BtMG stellt z.B. das Handeltreiben oder den Besitz von Betäubungsmitteln unter Strafe; nicht jedoch den Konsum von Betäubungsmitteln.

Was sind die wichtigsten Betäubungsmittel des BtMG?

Derzeit enthalten die Anlagen I bis III des BtMG mehr als 200 verschiedene Stoffe, die als Betäubungsmittel zu bezeichnen sind. Die wichtigsten Stoffe im Sinne des BtMG sind vor allem:

Amphetamin, Cannabis (das als Marihuana, Haschisch und Haschischöl angeboten wird), Ecstasy (XTC), Flunitrazepam (Rohypnol), Kokain (einschließlich der Kokablätter, auch als Crack erhältlich), Lysergid (LSD), Methamphetamin (verbreitet als Crystal), Speed, Methadon oder Morphin (insbesondere in der Form von Morphium, Opium und Heroin).

Strafloser Eigengebrauch vs. strafbarer Besitz von Betäubungsmitteln zum Eigengebrauch:

Selbstkonsum von Betäubungsmitteln ist straflos! Hintergrund ist das Prinzips der Straflosigkeit von Selbstbeschädigungen und Selbstgefährdungen. Diese Strafbarkeitsausnahme ist die einzige im Umgang mit Betäubungsmitteln.
Die Straflosigkeit des Eigenkonsums darf hingegen nicht verwechselt werden – ein weit verbreiteter Irrtum – mit dem Besitz von Betäubungsmitteln zum Eigenkonsum, der grundsätzlich strafbar ist.

Was sind „geringe Mengen“; was „nicht geringe Mengen“?

Entscheidendes Kriterium für das Strafmaß und der auszusprechenden Strafe ist vor allem die Menge an Betäubungsmitteln, die die Ermittlungsbehörden im Rahmen von beispielsweise Hausdurchsuchen beschlagnahmt haben. Bei einer nicht geringen Menge droht in der Regel eine Freiheitsstrafe.

Für das Tatbestandsmerkmal der „nicht geringen Menge“ hat der BGH folgende Grenzbestimmungen getroffen:

Heroin (mindestens 1,5 g Heroinhydrochlorid); Morphin (bei 4,5 g Morphinhydrochlorid); Kokain (5 g Kokainhydrochlorid); Methamphetamin (5 g Metamphetamin-Base); LSD (6 mg); Cannabisprodukte (mindestens 7,5 g Tetrahydrocannabinol); Amphetamin (10 g Amphetamin-Base) und Ecstasy (120 mg MDE-Base).

Was eine „geringe Menge“ ist, liegt im Ermessen der jeweiligen Landesregierungen. Jedes Bundeland legt nämlich die geringe Menge anders aus. In NRW liegt die Grenze bei Cannabis z.B. bei 10 Gramm. Das Merkmal der „geringe Menge“ kann entscheidend sein für die in den §§ 29 Abs.5 und § 31a Abs.1 BtMG vorgesehenen Möglichkeiten der Einstellung des Verfahrens gegen den Täter.

Welche strafbaren Handlungen kennt das BtMG und wie hoch ist der Strafrahmen?

eAus den §§ 29 ff. BtMG ergibt sich, welche Handlungen im Zusammenhang mit Verstöße gegen das BtMG strafbar sind und welche Strafen für diese Verstöße vorgesehen sind.

1. Der wohl häufigste Fall ist in § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG geregelt. Danach wird  bestraft, wer Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft. Als Strafe sieht § 29 Abs.1 BtMG Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Hierbei handelt es sich um ein Vergehen im Sinne des § 12 Abs. 2 StGB.

2. Ebenfalls als Vergehen einzustufen, sind die besonders schweren Fälle des § 29 Abs.3 Satz 1, 2 Nr.1 und 2 BtMG, die eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vorsehen.
Ein besonders schwerer Fall liegt nach dieser Vorschrift vor, wenn der Täter
1. in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2. durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

3. Höher fällt die Strafe aus, wenn Sie einen Verbrechenstatbestand des BtMG verwirklicht haben. Hierzu zählen:

§ 29a BtMG:
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr wird bestraft, wer
1. als Person über 21 Jahre Betäubungsmittel unerlaubt an eine Person unter 18 Jahren abgibt oder sie ihr entgegen § 13 Abs.1 verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt oder
2. mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt, sie in nicht geringer Menge herstellt oder abgibt oder sie besitzt, ohne sie auf Grund einer Erlaubnis nach § 3 Abs.1 erlangt zu haben.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

§ 30 BtMG:
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren wird bestraft, wer
1. Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt oder mit ihnen Handel treibt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat,
2. im Falle des § 29a Abs. 1 Nr. 1 gewerbsmäßig handelt,
3. Betäubungsmittel abgibt, einem anderen verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt und dadurch leichtfertig dessen Tod verursacht oder

4. Betäubungsmittel in nicht geringer Menge ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 einführt.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

§ 30a BtMG:
(1) Mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren wird bestraft, wer Betäubungsmittel in
nicht geringer Menge unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie ein- oder ausführt (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1) und dabei als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat.

(2) Ebenso wird bestraft, wer
1. als Person über 21 Jahre eine Person unter 18 Jahren bestimmt, mit Betäubungsmitteln unerlaubt Handel zu treiben, sie, ohne Handel zu treiben, einzuführen, auszuführen, zu veräußern, abzugeben oder sonst in den Verkehr zu bringen oder eine dieser Handlungen zu fördern, oder
2. mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unerlaubt Handel treibt oder sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt oder sich verschafft und dabei eine Schußwaffe oder sonstige Gegenstände mit sich führt, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind.

(3) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren.

4. Nicht unerwähnt bleiben soll der Ordnungswiedrigkeitenkatalog des § 32 Abs.1
BtMG.
Nach § 32 Abs.2 BtMG kann die Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu
25.000,00 € geahndet werden.

Können im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen das BtMG weitere/andere Tatbestände zulasten des Mandanten in Betracht kommen?

Ja! In Betracht kommen kann nicht nur die Verwirklichung des Ordnungswidrigkeitstatbestandes des § 24a StVG, sondern vielmehr auch die Verwirklichung von Strafrechtsnormen, etwa wegen Trunkenheit im Verkehr nach § 316 StGB oder wegen Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c StGB. Beide Straftatbestände stellen nämlich sowohl das Führen eines Fahrzeugs unter Alkoholeinfluss als auch infolge anderer berauschender Mittel unter Strafe.

Hinzukommen kann der Entzug der Fahrerlaubnis. So kann dem Täter bei der Kontrolle die Fahrerlaubnis vorläufig entzogen werden (s. § 111a Abs.1 StPO i.V.m. § 69 Abs.2 StGB), wenn dieser das Fahrzeug unter Einfluss von Betäubungsmitteln geführt hat.

Was besagt die sog. „Kronzeugenregelung“ des § 31 BtMG?

Zugunsten des Täters kann eine sog. Strafrahmenverschiebung in Betracht kommen bzw. von der Strafe kann in Gänze abgesehen werden, wenn der Täter entweder eine weitere Straftat durch seine Aussage verhindert oder aber durch seine Aussage entscheidend dafür sorgt, dass die Straftat, derer er selbst beschuldigt wird, aufgedeckt wird. Um die eigene Haut zu retten, muss der Täter beispielsweise Abnehmer, Lieferanten oder Mittäter benennen. Je mehr der Täter der Polizei an wesentlichen Informationen liefert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit eines günstigeren Ausganges seines eigenen Prozesses.

Therapie statt Strafe

Ausgangspunkt ist § 35 Abs.1 BtMG. Hat ein betäubungsmittelabhängiger Täter eine Straftat begangen und ist er wegen dieser Straftat zu einer Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahren verurteilt worden, so sieht § 35 Abs.1 BtMG die Möglichkeit der Zurückstellung der Strafvollstreckung vor, sofern der betäubungsmittelabhängige Täter die Bereitschaft signalisiert, sich in (Sucht-)Therapie zu begeben. Hat diese erfolgreich zu einem Entzug geführt, kann die Aufenthaltszeit in der Entziehungsanstalt nach § 36 Abs.1 BtMG auf bis zu 2/3 der Strafdauer angerechnet werden. Der Rest der Freiheitsstrafe lässt sich zudem zur Bewährung aussetzen.

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